„Uß Sauerborn“ von Hiltrud Gemeinder in Reimform im Dillhäuser Dialekt geschrieben. Ein Versuch, den Dillhäuser Dialekt in die heutige Umgangssprache zu übertragen.
Unser Sauerborn
Früher war es bei uns noch schön, wie wir noch ins Dorf nach dem Sauerborn konnten gehen. Jetzt müssen wir hinaus in den Wald, das ist für ältere Leute im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt. Früher gingen die kleinen Kinder zu dem Sauerborn schon mit. Haben sie nicht aufgepasst, dann waren sie schon drin (im Wasser des Sauerborns).
Manche Oma hat die Nachbarsfrau gefragt: Hast du unsere Kleine nicht gesehen? Ja, warte mal, wo ging ich denn hin, ja tun tut sie beim Sauerborn stehen. Da haben sie getrunken und im Wasser geplanscht, gar oft haben wir sie ganz durchnässt kaum gekannt. Das machte einem nichts aus, das war doch so schön, wenn sie konnte zum Sauerborn gehen.
Und wenn die Kinder in die Schule gingen, wie war das so schön, sie konnten in der Pause zum Sauerborn gehen. Wenn sie vom Turnen oder Spazierengehen kamen gerannt, dann hat sie der Durst oft übermannt. Dann sind sie schnell zum Sauerborn hin, ein Glück, dass der so nah an der Schule tat stehen. Die Lehrer die hatten nichts dagegen, die taten ja auch zum Sauerborn gehen. Zu dieser Zeit war der Autoverkehr noch nicht groß, da kam nur der Nassauer Bote um elf Uhr vorbeigerast. Doch waren die Kinder aber meistens oben in der Schule, da brauchten sie keine Angst zu haben. Die Buben, da spritzt oft einer den anderen mit Sauerborn nass, das war ihnen ihr größer Spaß. Es war halt immer schön, wenn sie konnten ins Dorf zum Sauerborn gehen. Hatten sie die Schulzeit hinter sich gebracht, dann durften die Kinder abends noch lang nicht weg (von zu Hause). Die Buben – die Klebbelgard wurden sie genannt und die Mädchen als Backfisch bekannt – mussten Ausreden erfinden, um weg (von zu Hause) zu gehen. Wenn dann kein Sauerborn mehr im Haus war, dann war es geschehen. Da wurde auch manche Freundschaft geknüpft, die Eltern waren nicht immer davon entzückt.
Hatten die jungen Leute doch eh ein bisschen länger zusammen gestanden – da waren halt viele Leute dar – sie waren ja nur zum Sauerborn gegangen. Ein Glück, dass der Sauerborn so nah beim Backhaus war, man konnte die Struhwesch darin tauchen, und das Brot mit dem Sauerborn salben sogar.
Eine Wohltat war es für Mensch und Vieh. Darum mussten hier beide den Durst oft stillen, und beim Eierbacken das locker machen erfüllen. Früher war es anders das Trinken, kein Geld hatten die Leute, es hat nicht gereicht für Bier und Wein. Kein Sprudel, kein Limo, kein Cola gab es da, man war froh über einen Schluck Sauerborn schon. Unsere Urahnen die hatten das raus, sie legten 1865 eine Leitung von den Bornwiesen bis mitten ins Dorf, bald vor ihr Haus. Das war für jeden ganz schnell zu erreichen, abends konnten sie dahin in den Schlappen noch schleichen. Obwohl heute alle auf das Bequeme sind aus, hat man vor ein paar Jahren nicht nach vorne geschaut.
Als in den 60er Jahren ein Stück Leitung kaputt gegangen war, hat man anstatt sie zu flicken die Leitung gekappt, für wahr. Aber damals hat es Wasseruhren gegeben und da hatte man Angst, die Gemeinde würde weniger Steuern einnehmen. Die Schuldigen sind ja jetzt all nicht mehr am Leben, aber die Nachkommen müssen sich heutzutage in den Wald hinaus quälen. Es ist halt nicht schön, aber was kann man machen, wenn verkehrt gemacht wurde so manche Sachen. Es nützt nichts, wenn man sich da drüber die Mäuler zerreißt, es sind halt keine anderen Zeiten. Es wäre aber schön, wenn der Sauerborn wie früher mitten im Dorf täte stehen.
Das bedauern die älteren Leute und auch die Kinder, und die Geschichte vom Sauerborn mitten im Dorf ist jetzt zu Ende.
Uß Sauerborn (Dillhäuser Dialekt)
von Hiltrud Gemeinder aus dem Festbuch 700 Jahre Dillhausen
Froier do worsch bei uß noch schieh, wej mer noch konnt iehs Dorf nohm Sauerborn gieh. Alleweil muß mer naus gieh ihn Waald, deß eß fier ällern Leu im Sommer se haas un im Wender se kaalt. Froier gonge klaane Kenn zuh dim Sauerborn schuh met. Hott mer net offgebaßt, dah worn se schuh drenn.
Manch Oma hot de Nochberschfraa gefregt: „Host de uß Klaane net gesejh“? Jo, worde mohl, wuuh geng aich da hieh, ei duuh dere se beim Sauerborn stieh. Do huh se gedronke on im Wasser geplanscht, goor oft hooh me se ganz doschnäßt kaum gekannt. Deß moocht en naut aus, deß wohr doch su schieh, wann se konnte nohm Sauerborn gieh.
Un wann de Kenn ieh de Schul genge, wejh wohr deß su schieh, se konnte ieh der Paus bein Sauerborn gieh. Wann se vuhm Tonne oder Spazejerngieh koohme gerannt, da hott se der Doscht oft iwwermannt. Dah sei se schnell zohm Sauerborn hie, ah Gleck, deß der suh nah bei der Schul deht stieh. Dej Schummaster dej harre naut dogeh, dej dere jo aach nohm Sauerborn gieh. Zouh der Zeit wohr der Autoverkehr noch net gruß, do kohm nur der Nasser Bote em elf Auer vorbeigeroost. Doh wohrn de Kenn ower meistens ohwe ieh der Schul, da brauchte se kaa Engst se huh. De Boowe, dooh spretzt oft aaner de anneren met Sauerborn naß, deß wohr dej ihrn griester halt immer schieh, wann se konnte ihs Dorf nohm Sauerhorn gieh. Harre se de Schulzeit henner sich gebroocht, da durfte de Kenn owends noch lang net fott. De Boowe – de Klebbelgard wowern se genannt und de Marejer als Backfisch bekannt – mußte Ausredde erfenne, em fott se gieh. Wann dah kaah Sauerborn mieh im Haus wohr, daah wohr desschieh. Dooh wower aach manch Freundschaft geknept, de Ellern wohrn net immer dovu entzückt.
Harre de junge Leu doh eh bisje länger beinanner gestanne – doh worn halt vill Leu do – se worn jo nur nohm Sauerborn gange. Eh Gleck, deß der Sauerborn suh nah beim Backes wohr, mer konnt de Struhwesch drenn dunke, un deß Brut mit em Sauerborn salwe sugor.
En Wohldat worsch fier Mensch un Vejh. Dremm mußte hej baare de Dorscht oft stelle, un beim Aajer backe deß lucker mache erfelle. Froier wos annerscht se drenke kaa Geld harre de Leu, es hot net gereche fier Beijer und Weij. Kann Spruder, kaa Limmo, kaa Cola gobs duh, mer wohr fruh iwwer en Schluck Sauerborn schuh. Uß Urahne dej harre deß rauß, se loochte 1865 en Lairing vuh de Bornswisse bis bahl fier ihr Haus, bis medde iehs Dorf. Des wohr fier jeden ganz schnell se erreiche, owends konnde se bis dohie ie de Schlappe noch schlaiche. Obwohl hau all offs bekweme sej aus, hott mer fier poor Johr net noh vorne geschaut.
Als ieh de 60er Johr ah Steck Laareng gabutt gange wohr, hott mer uhstott se se flecke de Lairing gekappt, fierwohr. Ower doumols hots Wasserauern gäwe un du hatt mer Engst, de Gemaah deet winger Steuern iehnomme. Se Schuldische sej jo alleweil all net mieh umLäwe, ower de Nohkomme murre sich hausedogs iin Waald enaus quäle. Eß es halt schroh, ower woß kann mer mache, wann verkiehrt gemoocht worn sej manche Sache. Es nutzt naut, wenn mer sich doh driwer de Mäuler verreißt, es seij halt kaa annern Zeire. Es währ ower schieh, wenn der Sauerborn wej froier mette im Dorf dät stieh.
Deß bedauern de ällern Leu unn aach de Kenn, un dej Geschicht vuhm Sauerborn medde im Dorf es jetzt se Enn.
Bilder von Ute Schöler-Tanner und Axel Tanner (Ostern 2020 am Sauerborn)